Denkmal für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter
Nach einem Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau setzte sich ein Leistungskurs Geschichte des Heisenberg-Gymnasiums mit der Geschichte des Nationalsozialismus in Gladbeck auseinander und erarbeitete eine Ausstellung über Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Während des Projektes kam den Schülerinnen und Schülern die Idee zur Errichtung eines Mahnmals. Am 27. Januar 1991 wurde das Denkmal zusammen mit polnischen Jugendlichen aus der Gladbecker Partnerstadt Wodzislaw zum Zeichen der deutsch-polnischen Versöhnung eingeweiht.
Das ehemalige Denkmal der Künstlerin Tisa Gräfin von der Schulenburg, 2005. (Quelle: Stadtarchiv Gladbeck)
Das Bronzerelief mit stürzenden Menschen schuf die Künstlerin Tisa Gräfin von der Schulenburg. Sie wurde 1903 in Tressow (Mecklenburg-Vorpommern) als Tochter eines preußischen Generals geboren. Ab 1926 studierte sie an der Kunstakademie Berlin. Dort lernte sie zahlreiche nahmhafte Künstler und Schriftsteller kennen, außerdem den jüdischen Unternehmer Fritz Hess, den sie 1928 heiratete. 1933 emigrierte das Paar nach England, 1939 kehrte Tisa Gräfin von der Schulenburg nach der Scheidung zurück. Ihr Bruder Fritz-Dietlof gehörte der Widerstandsbewegung an und war Mitorganisator des Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944. Fritz-Dietlof wurde mit Berthold Schenk Graf von Stauffenberg und weiteren Mitgliedern verhaftet, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Tisa prägten diese Erfahrungen und die Verbrechen der Nationalsozialisten tief. Nachdem sie zum katholischen Glauben konvertiert war, trat sie 1950 als Schwester Paula in das Dorstener Kloster St. Ursula ein. Nach einigen Jahren als Kunstlehrerin widmete sie sich wieder der Schaffung eigener Kunstwerke. Sie starb am 8. Februar 2001 in Dorsten.
Das Bronzerelief wurde vor einiger Zeit gestohlen. Die Recherche nach der Gussform blieb leider erfolglos. Der Stein aber bleibt erhalten, um an das von den Nationalsozialisten begangene Unrecht zu erinnern und an einen bewussten und sorgsamen Umgang mit Denkmälern zu mahnen. Der Standort an der Europabrücke wurde bewusst gewählt. Auf dem Gelände des heutigen Heisenberg-Gymnasiums befand sich früher der Fuhrpark der Stadt, der zur Zeit des Nationalsozialismus Zwangsarbeiter beschäftigt hat. Seit September 1942 wurden russische Kriegsgefangene aufgrund des Personalmangels für die Müllabfuhr und Straßenreinigung sowie in der Autowerkstatt eingesetzt.
Zahlreiche ausländische Arbeitskräfte leisteten auch auf der nahe gelegenen Zeche Möllerschächte Zwangsarbeit. Insgesamt sind in Gladbeck über 14.200 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter namentlich bekannt. Schätzungen zufolge waren es über 20.000.
Russische Kriegsgefangene bei der Beseitigung von Kriegsschäden in der Jägerstraße (heute Gildenstraße), 1943. (Quelle: Stadtarchiv Gladbeck)
Quellen im Stadtarchiv Gladbeck: - Stadtarchiv Gladbeck (StA Gla), C 412, Kriegschronik, Bericht des Fuhrparks vom 14. Januar 1944; - Ruhr-Nachrichten 29.1.1991.
Literatur: - Auf den Spuren des Faschismus in Gladbeck. Ein historischer Radwanderweg. Erarbeitet vom Grundkurs Geschichte Stufe 13 des Heisenberg-Gymnasiums. Gladbeck 1999, S. 10-11. - Dworak, Daniela / Wojak, Normen: Zwangsarbeiter in Gladbeck - Bilanz einer Ausstellung. In: Arbeitskreis für Stadtgeschichte Gladbeck (Hg.): Beiträge zur Gladbecker Geschichte, Heft 3, 1991, S. 113-115.