Der älteste bekannte Friedhof in Gladbeck stammt aus der Jungbronzezeit (ca. 1800 bis 900 v. Chr.). Das Gräberfeld befand sich in Ellinghorst. Es wurde 1936 bei Bauarbeiten entdeckt. Die ausgegrabenen Urnen können heute im Museum der Stadt Gladbeck besichtigt werden.
Von alters her war der Friedhof um die St. Lamberti-Kirche herum angelegt. Man kann davon ausgehen, dass mit der Gründung der Kirche im 9. Jahrhundert auch der Friedhof entstand:
Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der Platz um die Kirche herum allerdings zu eng geworden. Ein neuer Friedhof wurde auf der so genannten Hilgenbredde nahe dem heutigen Bahnhof Gladbeck-Ost vom damaligen Vikar van Ahlen gegen eine Pachtgebühr zur Verfügung gestellt. Am 14. September 1831 wurde dieser Friedhof eingeweiht. Doch auch er wurde innerhalb weniger Jahrzehnte zu klein.
Seit der Industrialisierung wuchs die Einwohnerzahl Gladbecks rapide an. Der Friedhof an der Bahnhofstraße reichte nicht mehr aus und wurde schließlich im Jahre 1888 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war ein neues, großes Stück Land an der Linden- und Bahnhofstraße bereits für Begräbniszwecke vorgesehen: der heutige Zentralfriedhof.
Eine erste Friedhofs- und Begräbnissatzung wurde 1909 von der Gemeindevertretung beschlossen. Der Hintergrund für die Schaffung einer Satzung lag in der völligen neuartigen Bevölkerungsstruktur, die sich aufgrund der entstehenden Industriegesellschaft zwischen etwa 1880 und 1910 bildete.
Bis dahin lebten fast ausschließlich katholische Christen in Gladbeck. Durch Zuwanderung gab es jetzt auch zahlreiche Protestanten, einige wenige Juden sowie Konfessionslose. Auch sie mussten und wollten in Gladbeck beerdigt werden. Deshalb galt es, allgemeine Regeln für das Miteinander auf dem kommunalen Friedhof aufzustellen.
Im Verlauf des Klärungsprozesses schrieb der die jüdische Gemeinde Gladbeck beratende Rabbi Dr. Marx, er befürworte einen gemeinsamen Friedhof für alle Glaubensrichtungen, "da das Gesamtbild des Communalfriedhofes mit der Aufnahme sämtlicher Confessionen wenigstens im Tode uns Lebenden ein mahnendes Bild des Friedens zeigt." So entstand schließlich ein kommunaler Friedhof in Verbindung mit einem katholischen Friedhof als gemeinsamer Begräbnisplatz, unterteilt in Abteilungen für Angehörige verschiedener Glaubensrichtungen und auch für Dissidenten.
Seit etwa 115 Jahren finden auf dem Zentralfriedhof Beerdigungen statt. Deshalb ist er eine Art soziologischer Fingerabdruck der Gesellschaft und Geschichte Gladbecks. Der Friedhof ist ein offenes und öffentliches Lesebuch. Allerdings verlangt eine historische Entdeckungstour Zeit, Aufmerksamkeit und den Blick für Details - eine lohnende Zeitreise durch die verschiedenen Phasen der Stadtentwicklung.
Da gibt es alte Grabsteine, die die Namen der Bauern und Kötter aus der vorindustriellen Zeit tragen. Oder Gruppengräber von unter Tage verunglückten ¿Kumpeln¿ - Zeugnisse früher Reviergeschichte. Man findet Familiengrabstätten von bedeutenden Geschäftsleuten und Unternehmern, die ihren Einfluss und Wohlstand durch besonders monumentale, prunkvolle Grabmale darstellten. Man kann aber auch Gräber entdecken, die konkrete politische Ereignisse der Vergangenheit wachrufen.
Da gibt es aber auch den kleinen jüdischen Friedhof, der 1909 eröffnet wurde und auf dem seit 1937 keine Beerdigung mehr stattfand. Heute steht er unter Denkmalschutz.
Und dann findet man auf dem Zentralfriedhof natürlich noch die zahlreichen Gräber der Toten des Zweiten Weltkriegs. Zu ihnen gehören die deutschen Opfer des Bombenkrieges, der ab 1943 als Antwort der Alliierten auf Hitler-Deutschland Tod und Verwüstung brachte. Ein Mahnmal für die Toten des Krieges erinnert an diese Jahre. Aber auch Gräberfelder russischer Kriegsgefangener, Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter, vornehmlich aus dem Osten Europas, die hier ihre letzte Ruhestätte fanden - schlichte Mahnmale der katastrophalen Folgen von Fanatismus und Größenwahn.
Das, was hier am Beispiel des Zentralfriedhofs geschildert wurde, gilt für die Stadtteilfriedhöfe Brauck und Rentfort vom Grundsatz her ebenso.
Zum Glück waren die letzten 55 Jahre politisch sehr viel friedlicher. Aber spannend sind Gladbecks Friedhöfe trotzdem geblieben. In jüngster Zeit entstanden Begräbnisfelder für Muslime, die optisch durch eine völlig andere Begräbniskultur auffallen und interessante Einblicke in einen anderen Kulturkreis geben und auf die Integration multikultureller Strömungen in unserem täglichen Leben hinweisen.
Es wird deutlich, dass Begräbniskultur und Grabsteine weit mehr sind als Zeichen persönlicher Trauer. Sie sind steinerne Zeugen der Zeitgeschichte und Symbole der kulturellen und politischen Strömungen der verschiedenen Epochen. Auf einem Spaziergang über die Gladbecker Friedhöfe Geschichte einmal ganz anders kennen lernen - eine interessante Möglichkeit für Jung und Alt.